Am 19., 20. und 21. Oktober 2009 wurde die Maxvorstadt auf Herz und Rampen geprüft. Insgesamt 56 Schüler/innen der vierten Klassen der Grundschule an der Dachauer Straße 98 machten sich mit Rollstühlen, Simulationsbrillen, Augenbinden und Blindenlangstöcken auf den Weg, um ihren Stadtteil auf Barrierefreiheit zu testen: Welche baulichen Gegebenheiten sind förderlich (z.B. Rampen, taktile Signale) und welche hinderlich (z.B. Stufen, großes Kopfsteinpflaster)?
Bei den Stadtteilchecks in Münchner Stadtvierteln, die das von der LH München geförderte Projekt „Auf Herz und Rampen prüfen“ des Kreisjugendring München-Stadt organisiert, erfahren Kinder und Teenies ihre gewohnte Umgebung aus einer ganz anderen Perspektive und erleben das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung als selbstverständlich.
In das Thema „Menschen mit Behinderung“ waren sie bereits eine Woche zuvor durch Mitarbeiter/innen des Projekts „Auf Herz und Rampen prüfen“ eingeführt worden und konnten ihre vielen und abwechslungsreichen Fragen stellen. Sie erfuhren, wie blinde, sehbeeinträchtige und auf den Rollstuhl angewiesene Menschen sich im Alltag zurechtfinden und ihre Hilfsmittel benutzen. So vorbereitet, machten sich die Schüler/innen dann – trotz winterlichem Wetter – auf zum Stadtteilcheck. Zu Beginn wurde jede Klasse in drei Kleingruppen aufgeteilt und anschließend mit den Hilfsmitteln vertraut gemacht. Beim Ausprobieren auf dem großzügigen Pausenhof erhielten die Kinder ein erstes Gefühl für den Umgang mit Rollstuhl und Blindenlangstock.
Schnell waren Berührungsängste abgebaut, und die Kinder fuhren mit den Rollstuhlfahrer/innen des Projekts sogar Wettrennen oder als Copilot/in ein paar Runden mit. An jedem Tag testete je eine Klasse anhand von drei Routen ihren Stadtteil.
Die erste Route führt über die Dachauer Straße in die Sandstraße und anschließend in die Kreittmayrstraße.
Die zweite Gruppe testete die Strecke entlang der Dachauer Straße in Richtung Gabelsbergerstraße, um anschließend über die Schleißheimer Straße und die Rottmannstraße in die Brienner Straße zu gelangen und über den Stiglmaierplatz zurück zur Schule zu gehen.
Die dritte Route führte die Kinder über die Maßmannstraße in nördlicher Richtung entlang der Schleißheimer Straße, über die Heßstraße und den Maßmannpark zurück in Richtung Schule.
Die Kinder machten dabei vielfältige Erfahrungen:
Fehlende taktile Signale an Ampeln für blinde Menschen stellten sie z.B. am Stiglmaierplatz und an der Kreuzung Augusten- und Brienner Straße fest – beides wichtige Übergänge für Fußgänger/innen. Andere Ampeln sind so kurz geschaltet, dass eine Überquerung innerhalb einer Grünphase nicht möglich ist, z.B. an der Schleißheimer Straße Ecke Heßstraße.
Für Menschen im Rollstuhl ist oft der Zugang in Geschäfte auf Grund von unüberwindbaren Stufen nicht möglich, z.B. beim Kino in der Rottmannstraße. Positiv fielen den Kindern dann Einrichtungen auf, die eine Rampe besitzen, wie die Kirche am Ferdinand-Miller-Platz, oder ebenerdig begehbar sind wie die Sparkasse in der Brienner Straße. Beim Einkaufen machten die Kinder überwiegend positive Erfahrungen mit Verkäufer/innen, die sehr freundlich reagierten und halfen, wo sie konnten, wie beim Bäcker in der Augustenstraße, der die Tische zur Seite schob, als Rollstuhlfahrer/innen einkaufen kamen.
Lediglich der Supermarkt Penny in der Kreittmayrstraße ist für Menschen im Rollstuhl kaum befahrbar, da die Gänge zugestellt sind und die Kasse sehr schmal ist. Die Kinder lernten, Kleingeld anhand des fühlbaren Randes zu erkennen und mit Hilfe des so genannten Cash-Test den Wert von Scheinen anhand ihrer Größe zu bestimmen. Ebenso erfuhren sie, dass Briefkästen, die nach Postleitzahlen getrennt sind, immer im gleichen System stehen – Aspekte, die Sehenden im Alltag nicht auffallen. Die Ergebnisse der Stadtteilchecks werden an den Bezirksausschuss (BA 3) übergeben.