Am Freitag, den 25. September 2009 wurde der Münchner Stadtteil Bogenhausen auf Herz und Rampen geprüft. Sechs Mädchen und drei Jungen aus dem Kindertreff Bogenhausen (Scherfweg 6) machten sich zusammen mit Pädagog/innen mit Rollstühlen, Simulationsbrillen, Augenbinden und Blindenlangstöcken auf den Weg, um ihren Stadtteil auf Barrierefreiheit zu testen: Welche baulichen Gegebenheiten sind förderlich (z.B. Rampen, taktile Signale) und welche hinderlich (z.B. Stufen, großes Kopfsteinpflaster)?
Bei den Stadtteilchecks in Münchner Stadtvierteln, die das von der LH München geförderte Projekt „Auf Herz und Rampen prüfen“ des Kreisjugendring München-Stadt organisiert, erfahren Kinder von 6 bis 13 Jahren ihre gewohnte Umgebung aus einer ganz anderen Perspektive.
Nach einer kurzen Einführung in die Hilfsmittel durch Mitarbeiter/innen des Projekts, die selbst auf einen Rollstuhl oder Blindenlangstock angewiesen sind, ging es los: Als Eingewöhnungsstrecke diente der Scherfweg, der von Autos nicht befahrbar ist, dann führte die Route entlang der Stuntzstraße in Richtung Richard-Strauss-Straße. Hier wurden unscheinbare, alltägliche Einrichtungen wie Altkleidercontainer, Telefonzellen und Zeitungskästen im Sinne der Barrierefreiheit genauer betrachtet. Fazit: Der Einwurf bei Altkleidercontainern ist für Rollstuhlfahrer/innen unerreichbar, ebenso wie die Zeitungskästen, da diese nicht unterfahrbar sind.
Positiv ist, dass alle getesteten Bordsteine auf eine Höhe von 3 cm abgesenkt sind, so dass Menschen im Rollstuhl diese ohne Probleme passieren können, der Rand von Blinden aber noch ertastet werden kann.
Besonders schwierig war für die Kinder die Orientierung mit der Simulationsbrille, welche eine nur 10%-ige Sehfähigkeit verursacht: „Einmal habe ich gedacht, eine Frau ist ein Pfosten. Fast bin ich dagegen gerannt!“, berichtete ein 8-jähriges Mädchen nach dem Stadtteilcheck.
Getestet wurde auch der Tengelmann in der Stuntzstraße, der insgesamt als barrierefrei eingestuft werden kann, da alle Gänge mit dem Rollstuhl befahrbar sind und eine der Kassen breit genug ist. Ein gut sichtbar angebrachtes Rollstuhlzeichen oberhalb der Kasse wäre sinnvoll, um sich gleich richtig anzustellen. Weiter ging es in Richtung Richard-Strauss-Straße, die im getesteten Abschnitt nach wie vor eine Baustelle ist. Sämtliche Ampeln an der Kreuzung Stuntzstraße / Richard-Strauss-Straße haben keine taktilen Signale und können dadurch nicht von blinden Personen selbständig überquert werden. Im Rahmen der Umbaumaßnahmen ist eine Nachrüstung mit den entsprechenden Signalen notwendig. Bei der U-Bahn-Station Richard-Strauss-Straße konnten die Kinder testen, wie viele Rollstuhlfahrer in den Lift passen und ob für blinde Menschen die Druckknöpfe auch in Punktschrift gekennzeichnet sind.
Am Bahnsteig erfuhren sie dann, wie man anhand der Bodenrillen spürt, wo das Ende des Bahnsteigs ist.
Neben dem Testen baulicher Gegebenheiten für Menschen mit Behinderung ist ein besonderes Ziel des Projekts „Auf Herz und Rampen prüfen“, bei den Kindern ein Bewusstsein zu schaffen, mit welchen Anforderungen Menschen im Rollstuhl und blinde sowie sehbeeinträchtigte Menschen im Alltag umgehen müssen. Die gesamten Ergebnisse des Checks werden an den Bezirksausschuss (BA 13) übergeben, um die festgestellten Mängel im Sinne der Barrierefreiheit zu überprüfen und zu beheben.