Zwölf Mädchen vom Giesinger Mädchentreff und vom Freizeittreff 103er testeten im Rahmen des Osterferienprogramms zum Thema „Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderung“ am 7.4.2010 ihren Stadtteil auf Barrierefreiheit. Ebenfalls mit dabei war Carmen Muck vom BA 17, die voller Tatendrang den Stadtteilcheck begleitete und selbst erlebte, dass es noch einige Stellen in Obergiesing gibt, die nicht barrierefrei sind.
Beim ersten Stadtteilcheck in Obergiesing hatten die Mädchen erstmal mit dem ganz normalen Gehweg zu kämpfen.
Die leichte Schräge zur Straße hin ist super, wenn es regnet und das Wasser abfließen kann, wenn man jedoch mit einem Rollstuhl unterwegs ist, bedeutet es vor allem viel Kraftaufwand beim Gegensteuern. Doch nach einer kurzen Gewöhnungsphase rollten die Mädchen immer schneller vorwärts und hatten auch bei den nächsten Straßenübergängen kein Problem, denn alles ist schön abgeflacht. Doch was für die einen perfekt ist kann für andere, in diesem Fall Blinde und Sehbeeinträchtigte, zur Gefahr werden. Denn komplett abgesenkte Bordsteine sind mit dem Blindenlangstock nicht fühlbar, so dass man nicht merkt, dass man schon auf der Straße steht. Deswegen hat man z.B. im Behindertenbeirat der Stadt München den Kompromiss geschlossen, dass die Bordsteine an Übergängen auf 3 cm abgeflacht werden – überwindbar für Rollis, tastbar für Blinde. Die Umsetzung dieses Beschlusses ist in Obergiesing notwendig an der Landlstraße Ecke Rottachstraße, an der Kreuzung Deisenhofener Straße Herzogstandstraße und an der Raintaler Straße Ecke Deisenhofener Straße.
Ein weiteres Hindernis für Blinde stellten die Mädchen an zwei Ampelanlagen fest: an der Kreuzung Deisenhofener Straße Herzogstandstraße und an der Kreuzung Deisenhofener Straße Tegernseer Landstraße. Diese sind nicht mit einem taktil-akustischen Signal ausgestattet, welches durch Tick-Geräusche den Standort anzeigt und durch einen vibrierenden Pfeil an der Unterseite des „gelben Kästchens“ vermittelt, wann es grün ist. Ohne ein solches Signal müssen sich Blinde und stark Sehbeeinträchtigte allein auf ihr Gehör verlassen, um am Motorengeräusch der fahrenden und stehenden Autos zu erkennen, wann sie sicher die Straße überqueren können. Durch den hohen Geräuschpegel an den viel befahrenen Straßen war dies für die beteiligten Mädchen jedoch unmöglich.
Einer der Höhepunkte des Stadtteilchecks war sicherlich die U-Bahn-Fahrt von der Silberhornstraße zur Untersbergstraße, auch wenn der Weg in das Untergeschoss einige Hürden beinhaltete. So ist der Aufzug an der Silberhornstraße, um von der Oberfläche ins Sperrengeschoß zu gelangen, in die Fassade eines Gebäudes eingebaut und nur sehr schwer auffindbar. Ein großes Schild in kontrastreichen Farben – blauer Hintergrund mit weißer Schrift – eignet sich besonders gut, um einfache Abhilfe schaffen. Den kaputten Aufzug vom Sperrengeschoß zum Bahnsteig an der Silberhornstraße konnten die Teilnehmerinnen nur überwinden, indem sie ihre Rollstühle unter den Arm nahmen und die Treppe hinunter trugen, ein Glück, welches „wirklichen“ Menschen im Rollstuhl nicht vergönnt ist.
Am Ende des erlebnisreichen Stadtteilchecks kauften die Mädchen noch das Essen für den darauf folgenden Tag ein, an dem es hieß „Essen im Dunkeln“ – ein weiteres Projekt des Kreisjugendring München-Stadt. Eine detaillierte Auflistung der getesteten Stellen in Obergiesing wird an den BA 17 übergeben um im Sinne der Nachhaltigkeit bauliche Veränderungen anzustoßen.