Richtig heiß war es, als sich am 2.Juli 2010 sieben Kinder des Kindertreff Wolkerweg in Kleinhadern aufmachten, um sich ihren Stadtteil mal aus einer anderen Perspektive anzuschauen. Ausgestattet mit Augenbinden, Simulationsbrillen, Blindenlangstöcken und Rollstühlen wollten die Kinder mal über den eigenen Tellerrand hinaus schauen und warteten schon gespannt auf die Mitarbeiter/innen des Projekts „Auf Herz und Rampen prüfen“ des Kreisjugendring München-Stadt.
Bevor es dann wirklich raus in den öffentlichen Raum ging und die baulichen Gegebenheiten für Menschen mit Behinderung inspiziert und ausprobiert wurden, lernten die Kinder zunächst, wie man mit einem Rollstuhl lenkt, wozu ein Blindenlangstock gut ist, wie man Geldscheine erkennt, wenn man nichts sieht, und natürlich, wie man sich untereinander helfen kann. Gut vorbereitet ging es anschließend los auf Stadtteilcheck.
Die erste etwas schwierigere Stelle, die es zu meistern galt, war die Auffahrt zur Fußgängerbrücke am Stiftsbogen auf Höhe des Walter-Hopf-Wegs. An sich ist die Steigung für Menschen im Rollstuhl gut zu meistern, sogar die Kinder schafften es ohne Hilfe, jedoch sind ihnen bei den hohen Temperaturen einige Schweißtropfen auf der Stirn gestanden. Neben der gut befahrbaren Fußgängerbrücke waren die Kinder ganz begeistert von der Barrierefreiheit für Menschen im Rollstuhl am Einkaufszentrum auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Jedoch gibt es für Blinde und Sehbeeinträchtigte noch Verbesserungsmöglichkeiten. So sind die Tasten im Aufzug, der zum Stiftsbogen führt, kaum fühlbar und müssten deutlicher eingeprägt oder erhaben sein. Ebenso ist es notwendig, die Tasten zusätzlich in Punktschrift zu beschriften. Optimal wäre es, wenn der Aufzug mit einer Sprachausgabe ausgestattet werden könnte.
Eine weitere Stelle, die den Kindern aufgefallen ist, ist der Fußgängerüberweg an der U-Bahn-Haltestelle Haderner Stern. Einem Kind, welches die Brille aufhatte, die eine zehnprozentige Sehkraft simuliert, erlebte die Straßenüberquerung so: „Ich fand es komisch, weil man einfach fast nichts sehen konnte, und wenn man über die Straße gehen will, muss man hören, ob ein Auto kommt oder auch nicht.“ Das ist jedoch an dieser Ampelanlage gar nicht so einfach, denn dadurch, dass man nur eine Straße und keine Kreuzung überquert, kann man sich nicht am Parallelverkehr orientieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ampelpfosten nicht mit taktil-akustischen Signalen ausgestattet sind. Aber auch für Sehende ist die Fußgängerüberquerung verwirrend, denn es sind auf jeder Straßenseite zwei Pfosten mit Anforderungssignal installiert, aber nur auf einer Höhe ist die tatsächliche markierte Querung.
Nach fast vier Stunden intensiver Erlebnisse hatten die Kinder sogar noch Energie für ein abschließendes Rollstuhlrennen und starteten zufrieden, aber auch erschöpft in den wohlverdienten Abend.